11.03.2024 |

SDG 5 auf der Agenda der Vereinten Nationen

Ein Blogbeitrag von Maike Salzmann

Vom 11. bis zum 22. März 2024 findet in New York die 68. Tagung der UN-Frauenrechtskommission statt. Das diesjährige Schwerpunktthema ist die Beschleunigung der Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe aller Frauen und Mädchen durch Armutsbekämpfung sowie durch die geschlechtergerechte Stärkung von Institutionen und Finanzpolitik. Dieser Blogpost gibt einen Überblick über die Rahmenbedingungen, Hintergründe und Hauptaspekte des Events.

 

68. Tagung der UN-Frauenrechtskommission

Die Frauenrechtskommission wurde 1946 auf Initiative von Eleanor Roosevelt gegründet und tagt seitdem jährlich über einen Zeitraum von zwei Wochen. Die Tagung ist nach der UN-Generalversammlung das größte jährlich stattfindende UN-Event in New York. Aufgaben der Kommission sind die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und das Empowerment der Frauen sowie das Monitoring der Pekinger Erklärung und der Aktionsplattform (1995) und des SDG 5 (Gleichstellung der Geschlechter). Die Kommission soll Entwicklungen beobachten, neue Herausforderungen identifizieren und Ziele setzen, welche in einer Abschlusserklärung („Agreed Conclusion“) festgehalten werden. Jährlich wechseln dabei die Schwerpunktthemen und die 45 Mitgliedsstaaten, welche auf Grundlage eines Rotationsprinzips und eines geographischen Schlüssels gewählt werden. Deutschland ist dieses Jahr zum ersten Mal seit 2020 kein verhandelndes Mitglied der Kommission. Familienministerin Lisa Paus wird dennoch nach New York reisen, um auf der Tagung eine Rede zur Armutsbekämpfung und zu ökonomischer Gleichstellung zu halten und diverse andere Termine wahrzunehmen.

Die UN-Frauenrechtskommission (FRK) ist eine von 10 Fachkommissionen des Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC). Dieser ist wiederum eines der sechs Hauptorgane der Vereinten Nationen (Quelle: UN Women Deutschland).

Neben den Mitgliedsstaaten spielen zivilgesellschaftliche Akteure eine entscheidende Rolle auf und neben der Tagung. Diese nutzen die Gelegenheit einerseits, um sich zu vernetzen und Wissen auszutauschen, und versuchen andererseits als Expert*innen Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen. Während im Rahmen der Tagung selbst schon hunderte von Side-Events stattfinden, werden vom NGO CSW Forum zusätzlich 750 parallele Events für zivilgesellschaftliche Gruppen organisiert. Bereits im Vorfeld haben über 140 Organisationen schriftliche Statements zu den Verhandlungen über das Abschlussdokument eingereicht.

Hintergrund: schlechte Bilanz für SDG 5

Der Kampf für Gleichberechtigung der Geschlechter musste in den vergangenen Jahren vermehrt Rückschläge einstecken. Die Coronapandemie, die diversen Konflikte und Kriege weltweit sowie die Machtübernahme rechtspopulistischer Parteien und autoritärer Regime haben insbesondere das Leid von Frauen und Mädchen verstärkt: 10,3% der Frauen weltweit leben aktuell in extremer Armut. Laut Schätzung der Vereinten Nationen würde es beim jetzigen Tempo 286 Jahre dauern, um die rechtliche Diskriminierung von Frauen zu überwinden, 140 Jahre bis Frauen auf der Führungsebene von Unternehmen in gleicher Zahl wie Männer vertreten sind, und 47 Jahre bis zur gleichen Repräsentanz in nationalen Parlamenten. 360 Milliarden US-Dollar würden jährlich benötigt, um SDG 5 erreichen zu können. Vor diesem Hintergrund ist die 68. Tagung der Frauenrechtskommission von besonderer Wichtigkeit. Um die Formulierung von UN Women Deutschland zu verwenden: Es geht darum, den „Teufelskreis aus Armut und Gewalt“ zu durchbrechen.

Schwerpunkte der diesjährigen Tagung

Das diesjährige Schwerpunktthema lautet: Beschleunigung der Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe aller Frauen und Mädchen durch Armutsbekämpfung sowie durch die geschlechtergerechte Stärkung von Institutionen und Finanzpolitik. Ein erster Entwurf der Abschlusserklärung wurde bereits veröffentlicht. Darin liegt ein besonderer Fokus auf dem Beschaffen und Verteilen finanzieller Mittel als Basis für das Erreichen von Geschlechtergerechtigkeit. Durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuermissbrauch, Schuldenerlasse, die Einhaltung der Zusagen für die Entwicklungsfinanzierung und die Reform der internationalen Finanzarchitektur sollen mehr Gelder verfügbar sein und diese durch geschlechterspezifische Haushaltführung für die Erreichung von SDG 5 eingesetzt werden. Mit diesen Forderungen knüpft die Kommission eng an jene des Financing for Development Forums an und versucht explizit, die Geschlechterperspektive darin zu integrieren.

Des Weiteren soll insbesondere die Wirtschafts- und Sozialpolitik Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsthema berücksichtigen und durch die Einführung von Mindestlöhnen, die Unterstützung von Unternehmerinnen, die Beseitigung von Diskriminierung, die Förderung des Rechts auf Bildung und des Rechts auf Gesundheit, die Sicherstellung universellen Zugangs zu sexuellen und reproduktiven Rechten sowie die Berücksichtigung der Perspektiven von Frauen die verfügbaren Mittel effektiv nutzen.

Als weitere Themen führt der Entwurf die Unterstützung von Frauenverbänden und -organisationen und die Hochskalierung der Datensammlungen mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit auf.

Eine große Aufgabe

Die schlechte Bilanz von SDG 5 verdeutlicht den immensen Handlungsbedarf im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter. Entsprechend umfangreich ist der Entwurf der Abschlusserklärung, welcher die Probleme sowohl auf internationaler und nationaler Ebene als auch im Wirtschafts-, Finanz- und Sozialsektor angeht. Es wird spannend sein zu beobachten, ob und wie die vielfältigen Probleme und Lösungsansätze unter einen Hut gebracht werden. Denn die verhandelnden Mitgliedsstaaten bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen und Erfahrungen mit: Während in manchen Ländern die hohe Anzahl an Femiziden oder das Recht auf Grundschulbildung im Vordergrund stehen, kämpfen Frauen in anderen Ländern für gleiche Bezahlung in Führungspositionen. Was jedoch alle vereint ist der Kampf um Gerechtigkeit. Denn noch immer hat es kein einziges Land geschafft, die Gleichberechtigung der Geschlechter sicherzustellen.